Nach Tagen der unfreiwilligen Isolation entscheide ich mich für ein Abendessen im Restaurant und einen Absacker bei - der aufmerksame Leser meines Blogs wird es wissen - bei Peter.
Ein Tisch ist noch frei in dem dicht gedrängten Lokal, das für viele auf der Insel ein Wohnzimmer zu sein scheint. Zurückhaltende Gespräche sind zu hören, zuweilen ein Auflachen oder ein leiser Ruf nach dem Kellner.
Gemütlichkeit ist das richtige Wort für diese Atmosphäre. Gemütlichkeit verspüre ich schon seit Wochen auf meiner Wahlinsel.
Dieses Wohlbefinden wurde allerdings zwischenzeitlich jäh unterbrochen. Gemunkel über den nahenden Tropensturm Nadine wurde immer lauter. Die kleine Insel machte sich sturmsicher. Die bunten Tische und Stühle wurden von den Terrassen verbannt. Sonnenschirme, Segel und alles was wehen konnte, wurden eingezogen. Die ganze Insel wirkte aufgeräumt.
Doch das Sturmtief ließ sich Zeit. Zunächst begrüßte es die Insel mit lang anhaltenden Regenfällen. Spöttisch unkten die Inselbewohner, dass man mal wieder übertrieben habe. Unwahrscheinlich sei es, dass ein Sturm genau diese kleine Inselgruppe in diesem riesengroßen Atlantik treffen würde. Mit diesen Gedanken schlief die kleine Insel ein.
Doch als sie in der Nacht erwachte, war alles wie vorausgesagt. Der Wind, der Sturm, der Orkan tobte. Nadine näherte sich geschickt mal von Norden, von Süden oder auch von allen vier Himmelsrichtungen gleichzeitig. Überall wurde an der kleinen Insel gezerrt und gezogen. Standhaft versuchte sie sich zu wehren. Doch nach zwei Tagen und Nächten mit Angriffen vom Meer und aus der Luft, lag die kleine Insel ermattet im Atlantik. Ihre Bewohner waren müde von durchwachten Nächten, die Strände hatten sich dem Meer ergeben und viel Sand herausgerückt. Die Fähren hatten ihren Betrieb eingestellt, sie klammerten sich mühsam an die Hafenmauer und bedauerten zutiefst, dass sie nun keinen Kontakt zur Außenwelt mehr herstellen konnten. Nur ganz tapfere Piloten versuchten den Flugplatz zu erobern. Die satte und schöne Fauna und Flora der Insel stand gerupft und pikiert am Wegesrand und ärgerte sich über so viel Angriffslust und Unverfrorenheit. Nur den vielen Kühe auf der kleinen Insel war nichts anzumerken. Sie standen weiterhin standhaft und kauten das ausgefranste Gras. Wenn sie Menschen wären, würden sie sicher auch gemütlich bei Café Peter Sport sitzen.
Doch auch hier ist Nadine. Schlagartig wird mir klar, warum dieses penetrante, nicht enden wollende Sturmtief Nadine heißt. Nadine sitzt am Nebentisch. Sie ist Engländerin, very, very britisch und very, very angetrunken. Sie übertönt die Gemütlichkeit wie ein Orkan mit ihrem Organ. Dabei nimmt sie alles um sich herum ein. Wie bereits in den Tagen des Tropensturms verstummen die Inselbewohner und betrachten staunend die Unverfrorenheit. Als Nadine zum Rauchen vor die Tür geht, bringen sie sich kopfschüttelnd an einer anderen Stelle im Lokal in Sicherheit. Doch auch diese Nadine stört gar nichts. Ungehemmte Redeenergie und der Rotwein fachen sie an. Geschwollene Augen und schwerfälligen Lippen beweisen ihren Durchhaltewillen. Bevor wie zuvor der Sand sich dem Meer hingegeben hat, sie sich ihrer männlichen Begleitung hingibt, verlasse ich das Lokal - aufatmend, dass Nadine endlich vorbei ist!
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annetti (Tuesday, 25 September 2012 19:01)
lese heute zum ersten mal in deinem blog, du kannst nicht nur super malen, sondern auch kurzweilig schreiben, sehr witzig!
hier alles beim alten, wir genießen mehr als dass wir malen.
felix hat für märz nur noch plätze auf d warteliste..stehe präventiv drauf, auch wenn urlaub noch nicht gewährt ist
liebe grüße, schicke bitte ein paar entspannungsmomente rüber, danke