Ich grüße aus Slowenien. Nachdem ich als Jugendliche Kroatien nach 32 Stunden Zugfahrt erreicht habe, wähle ich nun fast 35 Jahre später den einstündigen Flug nach Ljubljana. Es bleibt gerade noch genug Zeit, um sich mit den wichtigsten slowenischen Verkehrsregeln vertraut zu machen. Ein kleiner Seat Ibiza steht am Flughafen bereits bereit. Der Name ist Programm und lässt Urlaubsstimmung aufkommen.
Schnell erreiche ich die Autobahn Richtung Ptuj, meinem Ziel. Der schmucke und frisch herausgeputzte Ort Celje soll Schauplatz für mein Mittagessen sein. Einladend stehen dem Besucher eine Vielzahl von Parkplätzen zur Verfügung. Doch als Autofahrerin im Rhein-Main Gebiet bin ich misstrauisch. Wo ist der Parkscheinautomat, wo die Parkuhr? Wo darf ich bezahlen? Ich komme zu dem Schluss, dass man in dieser kleinen, slowenischen Stadt netterweise auf überflüssige Parkgebühren verzichtet, suche mir ein uriges Lokal und schlendere später durch die Straßen.
Aus dem Augenwinkel sehe ich blaue Parkscheinautomaten. Zunächst streift mein Blick sie nur flüchtig. Im Laufe der Zeit starren sie mich eindringlich an. Schließlich scheinen sie hinter mir her zu feixen. Mein Schritt wird schneller. Eigentlich ist die Stadt gar nicht so schön wie ich dachte.
Er steckt in einem wasserdichten, roten Umschlag mit der Aufschrift OBVESTILO REDARSTVA, ist ausgestattet mit Wappen und viel Text. Das einzige, was ich übersetzen kann, ist 40€.
Trotz macht sich breit. Das werde ich nicht bezahlen. Das ist ja gar nicht mein Auto. Das kann ich ja gar nicht lesen. Ich weiß ja auch gar nicht wo? Da steht gar keine andere Zahl, also keine Kontonummer. Das sitze ich aus. Das ist nicht mein Problem, ich bin ja bald wieder in Deutschland und auf den Azoren juckt mich das gar nicht.
Vier schöne Tage später bin ich auf dem Rückweg nach Ljubiliana. Auf meinem Weg liegt Celje, dieser unglückselige Ort mit lauter Baustellen, massiven Verkehrsproblemen und geldgierigen Politessen. Zunächst weigert sich das Navi die Adresse anzufahren. Ich suche mir einen Parkplatz in der Nähe, bezahle am blauen Automaten die geringe Parkgebühr, denn nun weiß ich, dass blaue Linien auf dem Boden mir sagen wollen, dass ich einen Parkscheinautomaten aufsuchen muss.
Ich betrete das große Hochhaus, die Policija. Verschämt frage ich den Pförtner, ob er Deutsch spricht. Er verneint und nachdem ich mit dem Strafzettel wedle, sagt er auf Deutsch: "500 Meter" und "Zehnte".
Durch den strömenden Regen gehe ich 500 Meter, weiß aber eigentlich nicht wohin. Meint er Hausnummer 10? Tropfnass spreche ich einen Passanten an und wedele wieder peinlich berührt mit dem regensicheren Strafzettelumschlag. Dieser verspricht Hilfe und wir eilen durch den Regen zu einem Zeitungsstand. Zu dritt erklärt man mir, dass mein Ziel auf der Rückseite des gegenüberliegenden Gebäudes liege. Wenn da geschlossen sei, solle ich bei der Mietwagenfirma bezahlen.
In der Zwischenzeit bin ich ein begossener Pudel. Tropfnass stehe ich in einem Hausflur. Ich wende mich wieder an einen Pförtner, weiß aber eigentlich gar nicht wo ich überhaupt bin. Dieser prüft mein Ticket und fragt nach meinem Wohnsitz. Ich erkläre ihm, dass es ein Mietwagen sei und mein Wohnsitz sei Deutschland. Er telefoniert und ich folge ihm schnell und tropfend durch zahlreiche Gänge und Flure. Vorwurf scheint aus jeder geöffneten Tür zu starren.
In einem Büro mit vier Arbeitsplätzen gebietet man mir Platz zu nehmen. Mein Gegenüber erfüllt alle Klischees eines älteren Büroangestellten. Er prüft den Strafzettel, bemüht den Computer, bemüht den Kollegen, bemüht den Nebenraum, kehrt zurück und bemüht wieder den Computer. Eingeschüchtert frage ich, ob es ein Problem gebe. Wie aus einem Munde schallt mir entgegen: "Er spricht kein Deutsch." Ich verkneife mir zu sagen, dass alle anderen im Raum doch für ihn übersetzen können und bedauere wirklich demütig, dass ich kein Slowenisch spreche.
In der Zwischenzeit hat mein Sachbearbeiter die Daten meines Tickets in krickeliger
Schrift auf einem eng beschriebenen, linierten Block vermerkt. Dann wendet er sich erneut auf Slowenisch an mich. Fragend schaue ich ihn an und um mich herum wird es turbulent. Der Kollege, der die ganze Zeit ein Kreuzworträtsel ausfüllte, schaut nun auf. Die junge Politesse hinter mir, die ich noch gar nicht wahrgenommen habe spricht nun englisch und alle sind sich sicher: everything is o.k.!
Das nenne ich Gastfreundschaft. Ich muss nichts bezahlen. Was ist passiert? Lag es an meinem Auftritt als begossener Pudel? Ich bedanke mich bescheiden in Slowenisch. Gut, dass ich wenigsten diesen einen Ausdruck kenne.
Nun schnell zum Auto und diese wunderschöne Stadt verlassen. Die Parkzeit läuft gleich ab.
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